24.03.2006 / LOKALAUSGABE / DINSLAKEN
LESUNG / Fremde Welten: Werner Seuken las aus Vermeulens "Zwischen
Gott und See".
DINSLAKEN. Auch Entdecker brauchen eine Landkarte. Zwischen alten
Atlanten und modernen Karten stellte Werner Seuken in der Reihe
"Wagnis und Weg" des Vereins r(h)ein-kultur-welt Leben
und Werk Gerhard Mercators vor. Auf Einladung der Buchhandlung Korn
las er vorgestern im Theatertreff der Kathrin-Türks-Halle aus
John Vermeulens historischem Roman "Zwischen Gott und der See".
1550, eine Zeit des Umbruchs. Kopernikus hatte erkannt, dass der
Mensch nicht der Mittelpunkt des Universums ist, die Kirche fürchtet
um ihre letzte Bastion, die Vorherrschaft der Lehre.
Mecator und die Karten
Derweil arbeiteten Seeleute mit Karten, auf denen die Erde noch
immer eine Scheibe war. Fatale Irrtümer waren die Folge. Eine
gefährliche Zeit. Auch für Wissenschaftler. Während
weltliche Herrscher schon Nutzen aus der Forschung zogen, denunzierte
sie die Inquisition als Ketzerei.
Mercator ging das Wagnis ein. Ihm gelang die "Quadratur des
Kreises". Er projektierte die Weltkugel auf die zweidimensionale
Fläche, behielt die rechten Winkel der Längen- und Breitengrade
bei. Die daraus resultierende verzerrte Ansicht führt zum exakten
Zusammenspiel von Karte und Kompass. Eine neue, wortwörtlich
richtungweisende Sicht.
Brigitte Korn stellte Vermeulens Roman als Schmöker im allerbesten
Sinne vor. Ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, "aber es
hätte so geschehen können", ergänzt Werner Seuken.
Der Germanist und Rezitator, zuletzt mit einer Hauff-Lesung auf
der Lit. Cologne erfolgreich, machte das packend und unterhaltsam
geschriebene Buch des Antwerpener Autoren zum Hörgenuss. Wortgewaltig
Mercators Alptraum eines am Höllenriff zerschellenden Schiffes,
witzig die Dialoge rund um die Präsentation der Weltkarte in
der Düsseldorfer Residenz Wilhelm des Reichen.
Mercator wurde im niederländischen Löwen von der Kirche
verfolgt, verbrachte neun Monate in Haft. Er fand in Duisburg Asyl.
Hier unterbricht Seuken die Lesung, geht individuell auf die Nachbarstadt
zu Beginn der Neuzeit ein. 3000 Einwohner, unter liberaler klevischer
Herrschaft, nahe beim Herzog, aber auch weit genug von ihm entfernt.
Dieser plante in Duisburg eine Universität.
Ein Anreiz für Mercator? Er wurde auch so ein wohlhabender
Mann. Seine Karten und Messinstrumente waren europaweit gefragt,
Männer wie Francis Drake steigerten seine Reputation.
Werner Seuken richtete in der Auswahl der Szenen den Blick auf
das Thema "Wagnis und Weg". So erlebten die Zuschauer
den Entdecker Mercator, der die Segler sicher leitete, ohne je seinen
Fuß in eine Kapitänskajüte gesetzt zu haben.
BETTINA SCHACK
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