Erscheinungsdatum: 01.06.2006 Ausgabe: DIN
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Columbus ohne Klischees
„Wagnis & Weg“ - selten passte das Motto des Verein
„r(h)ein-kultur-welt“ besser als an diesem Abend. Die
Buchhandlung Korn
hatte Professor Alfred Kohler zu Gast, der über einen großen
Entdecker
Spannendes erzählte.
Dinslaken Fast jeder kennt Christoph Columbus. Sein Name steht für
Abenteuerlust und die Entdeckung Amerikas. Nur durch viel Glück
soll er die
erste Überfahrt von Isabella von Kastilien genehmigt bekommen
haben. Bis zum
Ende seines Leben soll er geglaubt haben, Indien tatsächlich
entdeckt zu
haben, und bitterarm gestorben sein.
Schon zu Beginn seines Vortrags kündigte Kohler an, dass
er mit diesen
gängigen Klischees aufräumen wollte. „Vieles wissen
wir heute nur
ansatzweise, und es gibt nur wenige zeitgenössische Quellen
zu Columbus,“
räumte der Wiener Universitätsprofessor Alfred Kohler
ein. Zum Beispiel sei
das berühmte Bordbuch der ersten Reise erst im 19. Jahrhundert
veröffentlicht worden, und nur als Abschrift. „Was ein
Abschreiber
vielleicht weggelassen oder ausgeschmückt hat, kann heute niemand
mehr genau
sagen.“ Dennoch machte auch Kohler „seinen Columbus“
zu einem Helden. Denn
er fügte dem Entdeckungsfahrer eine weitere Komponente hinzu.
Columbus sei keineswegs nur ein mutiger Draufgänger gewesen.
Viel mehr
habe er ein umfangreiches Wissen besessen, angelesen vor allem auch
aus
antiken, griechischen Quellen. „Die Annahme, dass die Erde
eine Kugel ist,
war nicht neu,“ führte der Historiker aus. Doch Kohler
sieht den Seefahrer
aus Genua vor allem im Kontext seiner Zeit. Durch die Ausbreitung
des
osmanischen Reiches im Nahen Osten, sahen sich die mitteleuropäischen
Handelsmächte und Seefahrerstädte in Zugzwang. Der Handel
mit Waren aus dem
Nahen, Mittleren und vor allem dem Fernen Osten konnte nur noch
über
Mittelsmänner gemacht werden. Das war wenig lukrativ. Und somit
hätte die
Entdeckung eines Seewegs über die Westpassage allerlei Probleme
gelöst. Doch
dann kam doch alles anders.
„Mit der Erschließung der Neuen Welt und neuer Märkte
hat Columbus
auch zu einer Art frühen Globalisierung beigetragen,“
resümierte Kohler.
Nach dem Vortrag waren die Zuhörer merklich neu begeistert
vom
Entdecker Columbus und dankten dem Wiener Universitätsprofessor
mit
kräftigem Applaus.
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Autor: VON MATTHIAS KNAUER Zeitung: RP
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